Nach 30 Jahren Pfarrdienst in Mülheim verabschiedet die Evangelische Lukaskirchengemeinde am Sonntag, 19. März, Pfarrerin Esther Kocherscheidt in den Ruhestand.
„Menschen und ihre Lebenswege begleiten“, das war für die 65-Jährige in ihrem Berufsleben zentral. Auch bei den vielen kleineren und größeren Abschieden, die sie gerade in der Gemeinde erlebt, spürt sie, „wie wichtig es ist, kontinuierliche Beziehungen zu den Menschen zu haben und zu halten. Wenn Mädchen im Schulgottesdienst erzählen, dass ja auch schon ihr Vater bei mir Schulgottesdienst gehabt hat, oder ehemalige Konfirmandinnen ihre Kinder zur Taufe anmelden mit der Begründung, dass sie als Jugendliche eine wirklich gute Zeit im ehemaligen Gemeindezentrum „Rolandskamp“ hatten, dann erzählt das davon, wie tragend Beziehungsarbeit für die Gemeinde ist.“ In der Lukaskirchengemeinde war seit 2012 die Arbeit mit den KiTas und Schulen Aufgabenschwerpunkt von Pfarrerin Kocherscheidt, zuvor war sie von 1992 bis 2012 Pfarrerin am Gemeindezentrum Rolandskamp in der benachbarten Markuskirchengemeinde, wo langfristig jedoch nicht alle Pfarrstellen aufrechterhalten werden konnten.
Trauer- und Krisenbegleitung hat sich die Pfarrerin zu ihrer speziellen Aufgabe gemacht, und sich in Zusatzausbildungen weiterqualifiziert. „Über 80 Menschen habe ich im Laufe der Zeit in der Lukaskirchengemeinde intensiv begleitet“, erinnert sich Esther Kocherscheidt. „Wenn jemand eine Trauer- oder Krisenbegleitung wünscht, sind die Gespräche immer deutlich zielgerichtet und zukunftsfokussiert. Es geht um Veränderungsarbeit.“ – Eine Arbeit, die Pfarrerin Kocherscheidt in jedem Fall als bereichernd erlebt hat: „Wenn jemand sich nach einem persönlichen Verlust absolut am Ende fühlt, und er wieder neue Wege für sich finden kann, wieder zufrieden mit seinem Leben ist, dann ist das wunderbar.“
Eine Verbindung zum kirchlichen Leben hatte die gebürtige Wuppertalerin schon früh. „Ich bin quasi im Schatten der Kirchlichen Hochschule Wuppertal aufgewachsen, mit einem engen Bezug zur Unterbarmer Kirchengemeinde. So war der Schritt zum Theologiestudium nicht allzu weit.“ Doch es hätte auch anders kommen können: „Ich war auf einem musischen Gymnasium, spielte Flöte und Konzertgitarre, und viele in meinem Jahrgang haben nach dem Abitur Kunst oder Musik studiert“. Schlussendlich machte die Einsicht, dass nach einem Kunststudium nur sehr wenige Künstler von ihrer Kunst leben können, den Weg zum Theologiestudium frei. Das war so etwas wie „die zweite Liebe“. „Und für phantasiebegabte Menschen gibt der Pfarrberuf ja viele Möglichkeiten sich einzubringen.“, findet die Theologin im Rückblick.
Und, last but not least, ist es das Erzählen biblischer Geschichten, das die Pfarrerin immer wieder neu spannend findet. Mit 15 Jahren, als Kindergottesdiensthelferin, fing Esther Kocherscheidt damit an. Eine Lieblingsgeschichte kann sie kaum auswählen: „Im Alten und im Neuen Testament, da stecken Erfahrungen aus vielen Leben drin, Erfahrungen, die Menschen damals wie heute mit Gott machen. Das gemeinsam mit Anderen als hilfreich und unterstützend für das eigene Leben zu entdecken, ist immer wieder toll.“
In Zukunft nicht vermissen wird die angehende Pensionärin, die in Styrum im Mehrgenerationenhaus mit Söhnen und Enkelkind lebt, „den ganzen Verwaltungskram“. Listen, Tabellen, Abrechnungen – nicht ihr Ding. Der erste PC kam Anfang der 90er Jahre in ihr Pfarrbüro – „und es hat dann einige Zeit gedauert, bis ich ihn das erste Mal angeschaltet habe“, erinnert sie sich. Nun freut sich die Pfarrerin darauf, „abends um Viertel vor Sieben nicht mehr denken zu müssen ,Oh, gleich muss ich noch zu einer Sitzung‘“. Über das Mehr an Freizeit freut sich jetzt nicht zuletzt das Enkelkind. Der Fischtechnik-Baukasten steht schon bereit. Das Büro mit der einladenden Couch jedoch bleibt vorerst. Als Begleiterin bei Trauer und in Krisen ist Esther Kocherscheidt weiter im Ehrenamt für Ratsuchende da.
Zum feierlichen Gottesdienst zur Verabschiedung von Pfarrerin Kocherscheidt mit Superintendent Gerald Hillebrand lädt die Evangelische Lukaskirchengemeinde am Sonntag, 19. März, 11 Uhr, in die Matthäuskirche an der Oberheidstraße 229 ein.
- Annika Lante
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