In einer Sänfte trugen Gemeindemitglieder Pfarrerin Dagmar Tietsch-Lipski in ihren neuen Lebensabschnitt hinein. Nach dem feierlichen Gottesdienst mit der Entpflichtung durch Superintendent Hillebrand wurde die Pfarrerin durch ein Spalier von Gottesdienstbesucher*innen vor die Tür „ihrer“ Johanniskirche an der Aktienstraße gebracht. Damit tritt die 63-jährige Seelsorgerin aus Eppinghofen offiziell in den Ruhestand ein.
Pfarrerin Dagmar Tietsch-Lipski war seit Oktober 1986 in der Johanniskirchengemeinde, heute Lukaskirchengemeinde, tätig. Gleichzeitig wirkte sie langjährig im Leitungsteam des Kirchenkreises An der Ruhr mit: seit 1999 als Skriba und seit 2005 als Assessorin (zweite bzw. erste Stellvertreterin des Superintendenten).
„Bei meiner Verabschiedung habe ich viele gute Wünsche zu meinem ,wohlverdienten‘ Ruhestand gehört“, sagt die Theologin. „Dabei ist Verdienst gar nicht der springende Punkt. Ich blicke vielmehr mit Dankbarkeit auf meine Zeit als Pfarrerin zurück. Ich fühle mich durch viele Erfahrungen beschenkt.“ Im Mittelpunkt ihrer Predigt zum Abschied standen Teile des Galaterbriefs, unter anderem mit dem bekannten Vers „Einer trage des Anderen Last“. Dagmar Tietsch-Lipski: „Anzupacken, dort, wo es nötig ist, und sich auch einmal tragen lassen zu können, das ist mir wichtig.“
Prägend für die Gemeindearbeit zuerst in Johannis und nach der Fusion dann in der Lukaskirchengemeinde waren vor allen die vielen Begegnungen und Gespräche mit Menschen, oft auch die Begleitung beim Abschiednehmen. – Und das wird auch im Ruhestand nicht aufhören, meint Dagmar Tietsch-Lipski. „Pfarrerin ist man halt und bleibt es auch“. Ganz kurzfristig freut sie sich über neue Freiheit im Terminkalender, um „einfach länger mit der Zeitung am Tisch sitzen zu bleiben, oder auch spontan joggen zu gehen, wenn mir danach ist, das ist toll“.
Freiheit, auch von Leitungsausgaben, das genießt die Neu-Ruheständlerin jetzt. Im Kirchenkreis hatte sie sich ausdauernd für eine Neukonzeptionierung eingesetzt und eine entsprechende Steuerungsgruppe geleitet. 2014 hat die Gruppe das Konzept „Evangelisch An der Ruhr“ vorgelegt, das die gemeinde- und einrichtungsübergreifende Zusammenarbeit in den Fokus rückte.
Als Frau in Leitungsfunktionen tätig zu werden, war für Pfarrerin Tietsch-Lipski selbstverständlich – für ihr Umfeld nicht immer. „Im Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises waren zu Beginn die männlichen Vertreter in der absoluten Überzahl“, erinnert sie sich. Und auch in der Gemeinde gab es, gerade in den ersten Amtsjahren, Gemeindemitglieder und Presbyter für die die junge Pfarrerin das „Mädchen“ war – das man dann auch so angesprochen hat.
Das hinderte Dagmar Tietsch-Lipski nicht daran, sich für die Dinge einzusetzen, die ihr wichtig sind und bleiben. Fairer Handel und Nachhaltigkeit sind solche Themen. In zwei Arbeitsgemeinschaften der Gemeinde wird sie sich auch im Ruhestand weiter engagieren. „Vielleicht können wir uns ja bald als faire Gemeinde zertifizieren lassen“, blickt sie voraus.
„Ihrer“ Kirche wünscht sie, dass sie sich weiter für Neues öffnet. „Wir brauchen eine positive Kultur des Ausprobierens. Dabei darf man auch ruhig einmal mit Versuchen scheitern.“ Dabei ist Pfarrerin Tietsch-Lipski überzeugt, dass in der Veränderung Chancen liegen: „Wenn man die Bibel ernst nimmt, dann sehen wir uns doch als wanderndes Gottesvolk – da wird immer etwas Neues passieren.“ Als Pfarrerin und auch in ihrem Abschiedsgottesdienst hat Dagmar Tietsch-Lipski Menschen ermutigt, dabei mitzumachen. Nicht zuletzt deshalb gab es für alle Gottesdienstbesucher*innen Grußkarten mit einer aufgedruckten Botschaft von Gott: „Du gehörst zu meinem Team“. „Und in diesem Team bleibe ich auch“, da ist sich Dagmar Tietsch-Lipski sicher.
- Annika Lante
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