Ein neues Hilfsangebot macht das „Mini“-Projekt für Familien in Mülheim, Essen und Oberhausen, die einen schweren Schicksalsschlag erlitten haben. „Mini“ steht für „Mittelfristige Notfallnachsorge für Kinder und ihre Familien“ und hilft Menschen weiter, die in der Akutphase eines Unglücks durch die Notfallseelsorge betreut wurden. Das Pilotprojekt im westlichen Ruhrgebiet beginnt ab sofort und ist in der Schirmherrnschaft des Evangelischen Kirchenkreises An der Ruhr angesiedelt.
„Wir möchten ein fehlendes Kettenglied sein“, erklärt Projektinitiator Prof. Harald Karutz den Gedanken hinter „Mini“. Das Projekt vermittelt Familien Unterstützung für die Zeit, wenn der erste Schock nach einem Unglück abgeklungen ist, aber langfristige Hilfen wie zum Beispiel eine Traumatherapie noch nicht angelaufen sind. Daher bieten nun die Notfallseelsorger*innen in Mülheim, Essen und Oberhausen von Unglücken betroffenen Familien an, dass die Mitarbeitenden des Mini-Projektes sie nach einiger Zeit noch einmal kontaktieren und bei Bedarf Hilfen für die kommenden Wochen vermitteln.
Die Mitarbeitenden des bei der evangelischen Kirche angesiedelten „Mini“-Projektes für die Region sind Notfallpädagoge Prof. Harald Karutz und Iris Stratmann. Iris Stratmann ist hauptamtliche Koordinatorin der Notfallseelsorge in Essen und Oberhausen, sowie langjährig erfahrene ehrenamtliche Notfallseelsorgerin. Notfallpädagoge Harald Karutz lehrt und forscht hauptberuflich an der Hamburg Medical School und bringt als Mülheimer viele Verbindungen in seine Heimatregion mit. Unter anderem koordinierte er das psychosoziale Corona-Krisenmanagement der Stadt im kommunalen Krisenstab.
„Als Notfallseelsorger*innen weisen wir Menschen zwar immer auf weitere Hilfemöglichkeiten hin, aber in der Akutsituation können Betroffene diese Informationen oft gar nicht verarbeiten“, berichtet Iris Stratmann aus der Einsatzpraxis. Ganz besonders Familien mit Kindern sind davon betroffen. Auch die Forschung bestätigt das: „Wir konnten belegen, dass Menschen, die Unglücke erlebt haben, den Weg zu weiteren Hilfen nicht finden, obwohl Angebote offen genstanden hätten“, so Prof. Karutz. Gerade bei Kindern offenbare sich der Hilfebedarf erst mit einiger Verzögerung. „Kinder zeigen Belastungsreaktionen oft erst nach Tagen oder Wochen, wenn die Notfallseelsorger längst nicht mehr da sind. Und dann nehmen wir vom Mini-Projekt, falls von den Familien gewünscht, den Kontakt auf“, erklärt Prof. Harald Karutz. „Oft kommt es auch vor, dass Familienangehörige sehr unterschiedlich mit einer Traumasituationen umgehen, was dann zu neuem Stress innerhalb der Familie führt. Auch hier können wir mit „Mini“ helfen.“ Falls benötigt, kann die Unterstützung durch „Mini“ auch sehr pragmatisch sein, zum Beispiel durch Hilfe bei Terminvereinbarungen oder Fahrdiensten. „Wir möchten Wege ebnen und Hürden senken, damit die Betroffenen langfristig wieder aus eigener Kraft ihren Weg gehen können “, erklärt Iris Stratmann das Prinzip. Die Begleitung der Familien durch das Mini-Projekt ist auf rund sechs Monate ausgelegt, dieser Zeitraum wird genutzt, um nötigenfalls längerfristige Hilfen in die Wege zu leiten.
Finanziert wird das Mini-Projekt unter anderem durch die Stiftung Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland und die Familienstiftung der Versicherer im Raum der Kirchen .
Persönliche Ansprechpartner*innen in der Krise
Im Rahmen des Mini-Projektes werden ausschließlich Familien betreut, die nach einem Unglücksfall bereits Kontakt zur Notfallseelsorge hatten. Wer individuelle Krisenhilfe benötigt, kann sich rund um die Uhr an die Telefonseelsorge (Telefon 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222, kostenfrei und anonym) wenden, auch dort werden auf Wunsch Wege zu weiteren psychosozialen Hilfen vermittelt.
- Annika Lante
- Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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