Pressemitteilung

35 Jahre Dienst im Team

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  • 06.12.2022
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Kennengelernt haben sich Annegret und Justus Cohen im Studium in Göttingen. An der Tischtennisplatte wurden sie ein Team und blieben es bis heute. Nun tritt das Pfarrerehepaar aus der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde nach 35 Dienstjahren in den Ruhestand. Der feierliche Gottesdienst zur Verabschiedung findet am Sonntag, 18. Dezember, 11.15 Uhr, in der Petrikirche statt.

„Eingebettet in eine Gemeinschaft zu sein, zusammenzuarbeiten mit Menschen, die einem vertrauen“, das ist es, was den Dienst in der Gemeinde für Pfarrer Cohen zu einem Besonderen gemacht hat. Auch für Pfarrerin Annegret Cohen war Vertrauen ein zentrales Moment: „Wenn man mit Menschen ins persönliche Gespräch kommt, dann verschwindet ganz schnell die Distanz, die vorher vielleicht noch zu spüren war und die Menschen vertrauen einem unheimlich viel an. Das war mein Berufsleben über äußerst bereichernd und hat mir viel Freude gemacht.“

Der gemeinsame Berufsweg begann mit einer Bewerbung „als Versuchsballon“, wie sich Justus Cohen erinnert. Geschrieben auf einem Atari ST an die damalige Kirchengemeinde Menden-Raadt. Nicht nur die IT-Ausstattung hat sich seitdem verändert. Damals war es alles andere als selbstverständlich, sich als Paar eine Pfarrstelle zu teilen. Nach zwei Gesprächen hatten Cohens „ihre“ Gemeinde von ihrem Modell überzeugt und konnten nach Vikariat und Hilfsdienst in Düsseldorf ihre Pfarrstelle in Mülheim antreten.

Nach der Gemeindefusion 2006 wechselte das Pfarrerpaar an die Kreuzkirche an der August-Schmidt-Straße. „Ein ganz natürliches Viel-Generationen-Zentrum“, erinnert sich der Pfarrer an die damalige Wirkungsstätte mit Kirche, Gemeindezentrum und KiTa unter einem Dach. Cohens leben heute noch gleich nebenan. „Das war eine ideale Situation, direkt an der Kirche zu wohnen“, findet auch Annegret Cohen, die oft mit einem Blick aus dem Fenster schon sah, wer gerade am Gemeindezentrum Hilfe brauchte.

Seit sechs Jahren ist das Haus an der August-Schmidt-Straße nunmehr eine reine KiTa, Cohens predigen nun in der Petrikirche – ein Ort, den sie wohl vermissen werden, wie beide finden. „Was dieser sakrale Raum alles kann, ganz besonders in Verbindung mit Kunst und Musik und natürlich mit dem Wort, das ist ein Geschenk“, findet Annegret Cohen. Ein Geschenk, das sie immer wieder mit neuen Interessierten geteilt hat. Besucherinnen und Besucher kamen nicht nur zu Gottesdiensten, sondern auch zu Aufführungen wie dem „Hiob“ in Kooperation mit dem Theater an der Ruhr oder zu Ausstellungen wie etwa jüngst von Heiner Schmitz in die Mülheimer Altstadtkirche. Einen besonderen Fokus auf künstlerisch-musikalische Qualität setzt nicht zuletzt die in der Petrikirche beheimatete Singschule, die für Justus und Annegret Cohen ein Herzensprojekt ist. Justus Cohen: „Gerade an einer Innenstadtkirche muss man auch etwas repräsentativ arbeiten. Wir wollen als Kirche schließlich auch Teil der Stadtgesellschaft sein.“

Dass Kirche bei allem Engagement einen Schrumpfungsprozess durchmacht, haben die scheidenden Gemeindepfarrer in ihrer Amtszeit miterlebt. „Früher hatten wir 120 Konfirmandinnen und Konfirmanden im Jahrgang, jetzt sind es noch 40“, sagt Justus Cohen. Aber das macht die Bald-Ruheständler nicht mutlos „Kirche kann Diaspora“, sagt Annegret Cohen, „da kommt Kirche her“.

Wie eingehen auf die sich verändernden Bedürfnisse einer Gesellschaft? Auch im Rückblick sind allgemeine Antworten schwierig, finden beide Theologen. Die „klassische Komm-Struktur der Kirche“, habe sich jedenfalls erledigt. Eine Chance sehen Justus und Annegret Cohen in der Netzwerkarbeit, die auch in der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde zu Hause ist. „Die Netzwerkarbeit macht keine Angebote, um dann darauf zu warten, wer sie wohl annimmt. Sie wendet sich vielmehr direkt an die Menschen im Quartier und fragt: Was braucht ihr?“, erläutert Annegret Cohen den Ansatz. „Und dabei kommen wieder ganz klassisch kirchliche Themen zur Blüte, wie etwa die Trauerarbeit oder das Engagement für Flüchtlinge“.

Neue Wege wird das Bald-Ruheständler-Paar auch für sich persönlich beschreiten. Justus und Annegret Cohen nehmen wiederum als Team ein „letztes Marathon-Projekt“ in Angriff und bauen Annegret Cohens Elternhaus in Ostfriesland ökologisch-nachhaltig um – um dann bald einen gemeinsamen Ruhestand im hohen Norden zu genießen.