„So spektakulär sind die Einsätze gar nicht unbedingt. Aber jedes Mal weiß ich: Hier bin ich an der richtigen Stelle“, sagt Karin Eumann, seit vier Jahren ist sie ehrenamtlich Teil des Notfallseelsorge-Teams im Kirchenkreis An der Ruhr. Die Mülheimer Notfallseelsorge feiert in diesen Tagen ihr 25-jähriges Bestehen und lädt aus diesem Anlass zu einem Fachvortrag und einem Festgottesdienst ein (Termine siehe unten).
Der persönliche Einsatz von Nina Eumann ist Teil einer größeren Entwicklung: der zu einem immer stärkeren Ehrenamt in der Seelsorge. Aktuell zählt das Mülheimer Notfallseelsorge-Team rund 40 Köpfe, darunter 30 ehrenamtliche Tätige. Sowohl Katholik*innen als auch Protestant*innen sind im ehrenamtlichen Team dabei. „Das war zu Beginn ganz anders“, erinnert sich Pfarrer Guido Möller, der seit 2002 dabei ist und die Mülheimer Notfallseelsorge seit 16 Jahren leitet. Als die Notfallseelsorge vor 25 Jahren die Arbeit aufnahm, bestand das Team ausschließlich aus Pfarrerinnen und Pfarrern. Die Pfarrstellen wurden mit der Zeit weniger und so wurde die intensive Ausbildung für Ehrenamtliche auf den Weg gebracht. Einen Infoabend für den Ausbildungsjahrgang 2024 wird es im November geben (Kontakt: quindeau@kirche-muelheim.de).
Die unspektakulären Einsätze, die Notfallseelsorgerin Karin Eumann vor allem im Gedächtnis bleiben, sind es, die den Kern der Arbeit ausmachen: bei Angehörigen bleiben, die einen Menschen verloren haben, wenn der Rettungsdienst wieder einrücken muss, Trauer mitaushalten und vielleicht kleine Handreichungen übernehmen – oder auch erstmal gemeinsam einen Kaffee aufsetzen. Auch größere Einsätze kommen vor, so waren Mülheimer Notfallseelsorger*innen zum Beispiel nach der Loveparade im Einsatz oder haben Angehörige nach dem Eurowings-Absturz betreut.
Die enge Kooperation mit der Feuerwehr zeichnet die Notfallseelsorge in Mülheim besonders aus. Keine Selbstverständlichkeit: Der leitende Pfarrer hat sogar ein eigenes Büro auf der Hauptwache in Mülheim-Broich.
Prinzipiell werden die Notfallseelsorger*innen nur über die Leitstelle für Feuerwehr und Rettungsdienst alarmiert, in der Regel dann, wenn „mit dem Einsatz ein besonderes Schicksal verbunden ist“, wie Feuerwehr-Pressesprecher Florian Lappe es formuliert. Bei bestimmten Einsatzstichworten wird ein*e Seelsorger*in regulär mitalarmiert. Jedes Jahr übernehmen die Mülheimer Notfallseelsorger*innen rund 100 Einsätze. „Ein großer Dienst für alle Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt“, lobt Feuerwehr-Sprecher Florian Lappe.
„Wir helfen allen, das macht für mich die Arbeit in der Notfallseelsorge aus“, erklärt Siggi Hardt, seit 2016 als ehrenamtlicher Seelsorger dabei. „Wir kommen zu jedem, ganz gleich ob einfacher Arbeiter oder wohlhabender Haushalt. In der Not sind die Menschen alle gleich.“ Siggi Hardt ist über einen bereits engagierten Arbeitskollegen zur Notfallseelsorge gekommen. Er erlebt sein Engagement nach sieben Jahren immer noch als sinnvoll: „Die körperlichen Verletzungen, die jemand erlitten hat, sieht man oft sofort. Das gilt nicht für den seelischen Schmerz, doch auch dem muss man seinen Raum geben.“
Die Einsätze von Siggi Hardt und Nina Eumann sind in der Regel nach einigen Stunden beendet. Weil mancher Schmerz über längere Zeit professionellen Beistand braucht, ist modellhaft das „Mini“-Projekt für mittelfristige Notfallseelsorge im westlichen Ruhrgebiet ins Leben gerufen worden. Unter der Leitung von Prof. Harald Karutz wird Betroffenen in der Region auch in den Wochen nach einem Unglück Unterstützung vermittelt. So wird eine Lücke in der Hilfekette geschlossen, bis zum Beispiel eine Psychotherapie beginnen kann. Das spendenfinanzierte Projekt ist stets auf der Suche nach institutionellen Unterstützern.
Die Notfallseelsorge ist rund um die Uhr alarmbereit. Gewährleistet wird das durch eine gute nachbarschaftliche Kooperation. Die Notfallseelsorger*innen übernehmen im Wechsel mit regelmäßig Sechs-Stunden-Schichten, die Ehrenamtlichen besonders am Wochenende, im Feierabend oder auch einmal in der Nacht. Gemeinsam mit den Notfallseelsorgeteams der Region decken sie jeden Tag im Jahr ab „Die Kooperation in der Region Mülheim-Essen-Oberhausen wird perspektivisch noch stärker werden“, erklärt Pfarrer Guido Möller einen Trend, der die Arbeit in den kommenden Jahren prägen wird.
Das 25-jährige Bestehen der Notfallseelsorge wird in den kommenden Tagen in zwei Veranstaltungen gefeiert:
- Mittwoch, 31. Mai, 18.30 Uhr, Hauptfeuerwache: Fachvortrag von Prof. Dr. Harald Karutz „Psychosoziale Notfallversorgung in Deutschland – und die Notfallseelsorge in Mülheim an der Ruhr: Rückblick, Reflexion und Ausblick“, Anmeldung: quindeau@kirche-muelheim.de
- Donnerstag, 1. Juni, 18.30 Uhr, Festgottesdienst in der Fahrzeughalle des Löschzugs Broich an der Hauptfeuerwache, Musik Band „Nearly Serious“
–> Hier geht’s zum Bericht über den Jubiläumsgottesdienst
Hinweis für Ratsuchende
Die Notfallseelsorge kann nicht von Privatpersonen gerufen werden. Seelsorgliche Ansprechpartner*innen (anonym, kostenfrei und 24/7) gibt es bei der Telefonseelsorge Duisburg-Mülheim-Oberhausen unter 0800 111 0111 oder 0800 111 0 222. Anrufe erscheinen nicht auf dem Einzelverbindungsnachweis. Auch die Telefonseelsorge vermittelt bei Bedarf kompetent weitere Hilfsangebote.
- Annika Lante
- Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
- 0208. 3003-104
- lante@kirche-muelheim.de