Viel Vertrauen als Lohn – FSJ in der Krankenhausseelsorge

  • Annika Lante
  • Walter Schernstein

Julia Klink (re.) begleitet eine Patientin im Krankenhaus (Szene nachgestellt). Foto: Schernstein
Julia Klink (re.) begleitet eine Patientin im Krankenhaus (Szene nachgestellt). Foto: Schernstein

Für Patienten da sein, zuhören und etwas Alltag mit ihnen teilen – das tut Julia Klink bei ihrem Freiwilligendienst in der Seelsorge des Evangelischen Krankenhauses Mülheim. Im Interview erzählt sie, warum die Arbeit auch für sie selbst ein Gewinn ist.

Wie sind Sie darauf gekommen, einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) im Krankenhaus zu machen?

Nach dem Abi letztes Jahr wusste ich nicht so ganz genau, wohin es gehen sollte. Die Betreuung der Patienten, das hat mich interessiert. Und einen Beruf im Gesundheitsbereich kann ich mir gut vorstellen. Da habe ich mit dem BFD die Chance genutzt, mal in das Umfeld hineinzuschnuppern.

Dabei gibt es doch viele Menschen, die um Krankenhäuser lieber einen großen Bogen machen, oder?

Sich den ganzen Tag im Krankenhaus aufzuhalten, hat mich auch nicht gleich angesprochen. Ich kann zum Beispiel kein Blut sehen und ein Job in der Pflege wäre eher nichts für mich. Früher fühlte ich mich in Krankenhäusern immer fremd und hatte sogar manchmal etwas Panik, wenn ich drin war. Heute ist das ganz anders. Ich sehe das viel gelassener, schließlich weiß ich, dass die Leute hierher kommen, weil ihnen hier geholfen wird.

Was hat Sie dann überzeugt, beim Evangelischen Krankenhaus anzufangen?

Ich durfte zu einem Probetag kommen. Da hat mich die vorherige Stelleninhaberin mitgenommen, ich konnte meine Arbeit kennenlernen und das tolle Team der Grünen Damen. Vorher wusste ich gar nicht, dass es so etwas wie die Grünen Damen gibt. Und dann haben die mich richtig herzlich empfangen. Die gute Atmosphäre im Team der Freiwilligen hat letztlich den Ausschlag gegeben.

Wie sieht Ihr Alltag im Krankenhaus aus?

Eigentlich sieht jeder Tag anders aus, das Wichtigste ist aber der Kontakt zu den Patienten. Ich besuche diejenigen, die sich etwas Gesellschaft wünschen oder besorge etwas aus der Caféteria oder auch aus der Stadt für die, die nicht selber aufstehen können. Mit Patienten aus der Augenklinik gehe ich auch einmal spazieren, viele sind ja unsicher, weil sie nicht gut sehen. Alle zwei Wochen samstags begleite ich Patienten zu den Gottesdiensten in der Krankenhauskapelle. Manchmal gehören auch Botengänge oder Organisatorisches dazu.

Am Anfang wurde ich von den Grünen Damen gut eingearbeitet, konnte erstmal mitlaufen, wenn sie auf der Station ihre Besuche gemacht haben. Die meisten Patienten machen es einem leicht, sie freuen sich ja meist über den Besuch. Mittlerweile bin ich auch selbstständig im Krankenhaus unterwegs. Wenn Patienten etwas brauche, geben sie über die Evangelische Krankenhaushilfe Bescheid. Vieles, was ich tue, kann ich mir auch selber frei einteilen, das ist sehr schön.

Ein fester Termin sind unsere Café-Nachmittage für die Patienten der Geriatrie und der Onkologie Zusammen mit den Grünen Damen backe ich auf der Station Waffeln für die Patienten, oft gibt es noch Livemusik vom Klavier dazu. Das ist dann eine richtig schöne Atmosphäre.

Die Evagelische Krankenhaushilfe betreut auch die PatientInnenbücherei - und hilft manchmal auch mit persönlichen Lesetipps.
Die Evagelische Krankenhaushilfe betreut auch die PatientInnenbücherei – und hilft manchmal auch mit persönlichen Lesetipps. Foto: Walter Schernstein

Ist es nicht schwierig mit Menschen zu arbeiten, die schwer erkrankt sind?

Gerade, wenn sich Patienten nicht gut fühlen, ist es doch schön, wenn man für sie da sein kann und die Patienten jemanden haben, der sie ermutigt. Als BFDlerin muss ich aber auch nicht alles machen. Es gibt immer jemanden, der mir Gespräche abnimmt, wenn mir etwas zu nahe geht. Natürlich ist es nicht schön zu sehen, wie es jemandem, der schon länger im Krankenhaus ist, immer schlechter geht. Am Anfang dachte ich auch, dass mich schwere Schicksale mehr belasten würden, aber man lernt hier, damit umzugehen. Außerdem kann ich über so etwas auch immer mit jemandem aus dem Team und mit der Krankenhausseelsorgerin sprechen.

Was nehmen Sie für sich aus der Arbeit im Krankenhaus mit?

Ich schätze es viel mehr, selber gesund zu sein. Und es ist es toll, dass man so viel Vertrauen geschenkt bekommt. Ich bin für die da, die sich alleine fühlen, vielleicht keine Angehörigen haben, das gibt meiner Arbeit einen guten Sinn.

Und schließlich bekommt man auch ganz direkt positives Feedback von den Menschen. Sie freuen sich über meine Besuche und sagen mir das auch, das motiviert mich natürlich bei der Arbeit.

Wem würden sie ein BFD im Krankenhaus empfehlen?

Für alle, die den Kontakt zu Menschen nicht scheuen, kann das BFD hier ein echter Gewinn sein. Hier reicht es nicht zu denken, ,die Person wird schon zurechtkommen‘, sondern man muss bereit sein, aktiv auf Menschen zuzugehen und zu fragen, was sie brauchen. Etwas Einfühlungsvermögen braucht man natürlich auch. Wer sich für einen Beruf im Gesundheitswesen oder im sozialen Bereich interessiert, sammelt hier wertvolle Erfahrungen.

 

FSJ / BFD in der Krankenhausseelsorge

Einsatzdauer: in der Regel ein Jahr, aber schon ab sechs Monaten möglich. Beginn: meist im Sommer, oder nach individueller Absprache.
Die / die Freiwillige ist Teil des Teams der Krankenhausseelsorge und arbeitet eng mit der Evangelischen Krankenhaushilfe („Grüne Damen und Herren“) zusammen.
gut betreute Einarbeitung
Fortbildung: Seminare über FSJ / BFD ebenso wie interne Schulungen
Taschengeld: bis ca. 390 Euro im Monat. Die Freiwilligen sind sozialversichert.
Kontakt: Pfarrerin Klaudia Schmalenbach im Ev. Krankenhaus Mülheim an der Ruhr, Telefon 0208. 309-4640, Klaudia.Schmalenbach@evkmh.de oder Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V., Freiwilligendienste Lenaustraße 41, 40470 Düsseldorf, Telefon: 0221. 271687-0

Ähnliche Artikel

Foto: Albrecht E. Arnold / pixelio.de

Krankenhausseelsorge

weiterlesen