Kreissynode beschließt Einstieg in Strukturprozess

  • 16.11.2024

Das Programm für die Abgeordneten zur Kreissynode An der Ruhr, dem Mülheimer „Kirchenparlament“, war dicht gepackt. Bei ihrer Tagung am Freitag und Samstag beschlossen die Synodalen den Einstieg in einen Strukturprozess unter der Überschrift „Neues wagen, Altes hinterfragen“. Außerdem gab es Wahlen für einige Positionen im Kreissynodalvorstand (KSV).

Seinen ersten Bericht an die Mülheimer Kreissynode hielt Superintendent Michael Manz bei der Synodentagung im Haus der Evangelischen Kirche. Der leitende Geistliche des Kirchenkreises machte keinen Hehl aus den dunklen Wolken, die aufgrund der finanziellen Situation über der Kirche aufziehen und warb dafür, in den auf der Synode vorgestellten Strukturprozess „Neues Wagen, Altes hinterfragen“ einzusteigen. „Wir werden uns konzentrieren müssen (was alle Ressourcen betrifft), indem wir zwar Gottesdienste am Sonntagmorgen feiern, aber darüber hinaus auch die Verkündigung des Wortes Gottes und die Feier des Lebens immer neu zu konzipieren haben, und bereit sind, (…) Exnovation und Evaluation vorzunehmen.“ Erwähnung fanden auch die schon geschehenen Neustrukturierungen, wie die Neuaufstellung im gemeinsamen Verwaltungsverband an Emscher und Ruhr und im KiTa-Verband, der gleichfalls für Mülheim und Oberhausen arbeitet. Bei allen anstehenden Veränderungen betonte Superintendent Manz: „Auch eine kleinere Kirche ist und bleibt ein Resonanzraum der unverwüstlichen Menschenfreundlichkeit Gottes“.

Superintendent Michael Manz vor der Mülheimer Kreissynode.

Nicht nur die innerkirchliche Situation nahm der Superintendent in den Blick. Angesichts der „Multikrise“ mit Nahostkonflikt, mit einer neuen Amtszeit von Donald Trump und auch den angesetzten Neuwahlen im Bund, verwies Superintendent Manz darauf, wie wichtig es sei, dass sich Kirche immer wieder öffentlich für die Demokratie einsetzt – wie im zurückliegenden Jahr geschehen bei der großen Demonstration für Demokratie, Vielfalt und Toleranz oder auch in der eigenen Veranstaltungsreihe „Unser Kreuz hat keine Haken“.

Kirche bringe sich gerne in das soziale System ein, betonte Superintendent Manz – und gerate an Grenzen, wenn die Refinanzierung von Angeboten ausbleibt, sagte er mit Blick auf die jüngsten Proteste in Düsseldorf gegen die Kürzungspläne im Landeshaushalt. „Nicht nur die evangelische Kirche hat Finanzprobleme, auch die Kommune, das Land, der Bund, keine Frage! Aber quasi nach dem St. Florians-Prinzip die Verantwortlichkeiten weitergeben, das kann nicht der Weg einer verlässlichen und vertraulichen Zusammenarbeit von Politik und Kirche sein, von der in Grußworten etc. immer die Rede ist.“

Bei allen Herausforderungen, denen Kirche sich gegenübersieht, gelte es sich als „ambidextre“, also beidhändige, Organisation zu beweisen, die es schafft, sich von Altem zu verabschieden und mit Neuem zu begeistern, als Gemeinschaft, die verantwortungsvoll mit geringer werdenden Mitteln umgeht und gleichzeitig im Bonhoeffer’schen Sine als „Kirche für adere“ unterwegs ist.

Der vollständige Redetext ist hier abrufbar.

Weiterer Tagesordnungspunkt der Mülheimer Kreissynode waren die Wahlen auf einige Positionen im Kreissynodalvorstand (KSV). Es wurden in ihren Ämtern bestätigt: Pfarrerin Gundula Zühlke aus der Lukaskirchengemeinde als Assessorin (Stellvertreterin des Superintendenten) und Pfarrerin Birgit Meinert-Tack (Seelsorge bei der Fliedner Stiftung) als 2. stellvertretende Skriba. Beide kandidierten als jeweils aktuelle Amtsinhaberin und einzige Bewerberin erneut für ihre Ämter. Die Synodalen sprachen ihnen mit jeweils großer Mehrheit das Vertrauen aus.

Als Synodalälteste (nicht-theologische Mitglieder des Kreissynodalvorstandes / KSV) wurden gewählt: Volker Voß (Lukas), und Hans Wennemers (Vereinte Ev. Kirchengemeinde), stellvertretende Synodalälteste wurden:  Dr. Heinz-Jürgen Joppien (Broich-Saarn), Michaela Dahmen (Broich-Saarn), sowie Michael Meister und Philipp Schwechten (beide Vereinte Ev. Kirchengemeinde).

Neu in den KSV gewählt, bzw. im Amt bestätigt (vl.l) Pfarrerin Birgit Meinert-Tack, Hans-Jürgen Wennemers, Michaela dahmen, Michael Meister, Pfarrerin Gundula Zühlke, Dr. Heinz-Jürgen Joppien, nicht im Bild: Volker Voß und Philipp Schwechten.

Weiterhin wählten die Synodalen die Neubesetzungen für Fachausschüsse und Kuratorien, die nach den Presbyteriumswahlen neu zu besetzen waren. In die neue Verbandsvertretung für den Verwaltungsverband an Emscher und Ruhr wurden gewählt: Pfarrerin Gundula Zühlke, Michaela Dahmen, und Hans-Jürgen Wennemers, stellvertretende Mitglieder wurden: Jürgen Jeppel, Silke Laudamus und Tobias Egert.

In ihren Beratungen beschlossen die Synodalen nach engagierter Diskussion eine Erhöhung der Finanzumlage an den Kirchenkreis. Dies wurde beschlossen, um ein um 400.000 Euro angestiegenes strukturelles Defizit im Haushalt des Kirchenkreises aufzufangen. Die Arbeit im Kirchenkreis (sowohl in der Verwaltung als auch in Einrichtungen und Referaten) wird per Umlage durch die Kirchengemeinden finanziert. Verschiedene Faktoren hatten zu Mehrkosten und damit zum gestiegenen Defizit geführt: u.a. Personalkostensteigerungen, die Erhöhung der Umlage an die Versorgungskasse, Umstellungskosten auf das Neue kirchliche Finanzwesen, sowie der Rückgang der Kirchensteuereinnahmen.

Um die kirchliche Arbeit auf allen Ebenen zukunftssicher aufzustellen, beschlossen die Synodalen im Anschluss, in einen Strukturprozess „Neues wagen, Altes hinterfragen“ einzusteigen. Der KSV erhielt den Auftrag, eine Lenkungsgruppe aus sieben Personen (drei Mitglieder des Kreissynodalvorstandes, drei Gemeindevertreter*innen mit der Befähigung zum Presbyter*innenamt, sowie ein Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin einer kreiskirchlichen Einrichtung) mit der Steuerung des Prozesses zu beauftragen. Das Verfahren wird durch eine externe Moderation begleitet. Zur Sommersynode 2025 soll die Arbeitsgruppe eine Projekt- und Zeitplanung vorlegen.

Neben aller Diskussion um die finanzielle Zukunftssicherung erlebten die Synodalen auch Berichte aus der inhaltlichen Arbeit. Die AG Jugend stellte den weiteren Weg zu einer gemeindeübergreifend gemeinschaftlich verantworteten evangelischen Jugendarbeit in Mülheim vor. Gemeinsam mit Vertreter*innen der Kirchengemeinden, die sich an diesem Modell beteiligen möchten, bereitet die AG zunächst eine Information für die Presbyterien und schließlich eine Vorlage für die Sommersynode 2025 vor.

Der Partnerschaftskreis Tansania berichtete über die im Sommer stattgefundene Chorbegegnung in Mülheim. Einige Video-Eindrücke können hier nachgeschaut werden: https://bit.ly/tansaniabesuch2024 . Im Jahr 2026 soll turnusgemäß der nächste Partnerschaftsbesuch in Daressalam stattfinden.

Als neue Mitarbeitende wurden beim Synodengottesdienst begrüßt: Heike Hörstgen als Interims-Koordinatorin für die Notfallseelsorge MEO im Bereich An der Ruhr; Ralf Walter als befristete Verstärkung für die Ladenkirche, ermöglicht durch einen erfolgreichen „kleinen Antrag“ bei den „Erprobungsräumen“ der EKiR und Julian Kock als Vertretung für den langzeiterkrankten Jugendreferenten Bert Walther.

Stichwort: Synode
Die Kreissynode tagt mindestens einmal, oft zweimal im Jahr und ist das höchste Entscheidungsgremium, das „Parlament“, eines jeden Kirchenkreises. Zu den Synodalen zählen alle Pfarrerinnen und Pfarrer, sowie weitere gewählte Mitglieder aus den Gemeindepresbyterien (von den Gemeindegliedern gewählte Leitungsgremien). Die Synodalen entscheiden unter anderem über kreiskirchliche Finanzen, erarbeiten auch gemeinsame theologische und sozialethische Stellungnahmen und können Anträge an die Landessynode stellen. Die Synode verhandelt öffentlich. Zum Evangelischen Kirchenkreis An der Ruhr zählen rund 38.000 Gemeindeglieder.

 

  • Annika Lante