Pressemitteilung

"Ansprechbar sein, hinhören, Dinge gemeinsam tun"

Abschied Superintendent Hitzbleck

  • Nr. Nach zwölf Jahren im Amt wird Superintendent Hitzbleck in den Ruhestand eintreten. Der letzte Arbeitstag im Kirchenkreis liegt hinter ihm, im Gespräch blickt Helmut Hitzbleck zurück auf Erlebtes und voraus auf die Kirche von morgen.
  • 4.4.2017
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Superintendent Hitzbleck über …

… seine Lieblings-Bibelstelle

Eigentlich sind das die Geschichten, in denen Jesus sich denen zuwendet, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt sind und ihnen neue Lebensmöglichkeiten bietet. Diese Stellen haben mich auch als Prediger immer am stärksten angesprochen. Wir müssen uns als Kirche für die Menschen am Rand der Gesellschaft einsetzen.

 

…besondere Momente in seiner Amtszeit

Momente von Bedeutung waren für mich immer die, wo wir Grenzen gesprengt und Dinge gemeinsam getan haben. Ich freue mich, dass wir mit allen evangelischen Gemeinden unser gemeinsames Pfingstfest etabliert haben, ,Erfunden‘ hat das Fest ja mein Vorgänger, Frank Kastrup. Schön war auch, dass unsere Kirchenkreispartner mitgefeiert haben. Nach Daressalam haben wir ja auch den letzten Hoffnungspreis verliehen. Auch ökumenisch konnten wir Einiges gemeinsam tun, ich denke an die Kranzniederlegung zur Befreiung von Auschwitz, das ökumenische Friedensgebet zum Gedenken an des Kriegsende 1945, die ökumenischen Gedenkgottesdienste für die von der Stadt beigesetzten Mülheimerinnen und Mülheimer, aber auch an das gemeinsame Inklusionsfest von Caritas und Diakonie.

 

…Erwartungen an die Kirche

Wichtig ist, dass wir da sind, wenn man uns braucht. Oft ist kontinuierliche Begleitung bei den Menschen gar nicht gefragt, sondern sie suchen den Kontakt zur Kirche, wenn sie über Fragen des Lebens und des Zusammenlebens sprechen wollen. Dann muss es leicht sein, uns anzusprechen. Ihre Ansprechpartner suchen die Menschen dann in den Kirchengemeinden – aber nicht nur. Auch die Angebote von Diakonie, Familienbildung und Beratung sind sehr gefragt – das alles ist auch Kirche in völlig gleichberechtigter Weise.

Wir versuchen mit unseren Programmen die Fragen der Zeit aufzunehmen. Nehmen Sie allein das Angebot der Familienbildungsstätte. Dort gibt es Kontaktmöglichkeiten für Alleinerziehende, Gesprächskreise zum Thema Pflege oder Demenz und auch viele Selbsthilfegruppen. Die Kirche muss Raum bieten, Fragen des Lebens miteinander zu diskutieren. Und man muss nicht von vornherein den Kleinen und den Großen Katechismus unterschrieben haben,  wenn man da mitdiskutieren will. Natürlich hat die Kirche in einigen Fragen auch eigene Positionen, wir möchten aber allen die Chance bieten, im Gespräch eine eigene Haltung zu finden.

 

… Aufgaben, bei denen die Kirche noch zulegen muss

Die Selbstverständlichkeit, Kinder taufen zu lassen, gibt es in der gehabten Form nicht mehr. Heute wird eine Kirchenmitgliedschaft sehr bewusst gewählt, man ist nicht mehr „automatisch“ in der Kirche. Wir müssen daher viel stärker den Kontakt zur heutigen Elterngeneration suchen, zu den jetzt 20- bis 40-Jährigen. Klar gibt es die neuen Medien, aber der persönliche Kontakt ist durch nichts zu ersetzen. – Zugegeben, das mit dem persönlichen Kontakt war auch leichter, als der Pfarrer sich wie zu meinen Anfangszeiten um einen Bezirk mit 1800 Gemeindemitgliedern zu kümmern hatte. Heute sind es bis zu 3000.

 

… den (vermeintlichen) Abwärtstrend von Kirche und Glauben

Ja, die Mitgliederzahlen sinken, auch aus demografischen Gründen. Auch die finanzielle Seite ist nicht einfach: Die Personalkosten, unserer größter Haushaltsposten, steigen, während die Einnahmen sich bestenfalls in einer „Seitwärtsbewegung“ befinden. Nicht alle Aufgaben werden wir weiter rein hauptamtlich erledigen können. Schon jetzt gibt es zum Beispiel ehrenamtliche Prädikantinnen, ehrenamtliche Telefonseelsorger und Notfallseelsorgerinnen. Glaubensthemen insgesamt befinden sich aber nicht im Abwärtstrend und sind auch nicht aus der Öffentlichkeit verschwunden. Im Gegenteil, durch den Islam sind sie stärker präsent denn je. Hier gibt es reichlich Gesprächsbedarf und wir wollen ein Forum dafür bieten.

 

… Wegmarken seiner Arbeit

Ich habe ja oft darauf gedrängt, Strukturprozesse anzugehen. Das war nicht immer angenehm, hat aber dennoch etwas bewegt: Die Kooperationsbereitschaft von Gemeinden untereinander ist stark gestiegen, auch die Zahl der Gemeinschaftsprojekte von Gemeinden und Einrichtungen hat sich den letzten Jahren vervielfacht. Gemeinsam haben wir ein wirklich tragfähiges Netzwerk errichtet, zumindest sind wir auf einem guten Weg dahin.

 

…ökumenische Perspektiven

Die Reformationsdekade hat uns ja Impulse beschert, die ich zunächst gar nicht erwartet hatte. In Gesprächen auch auf höherer Hierarchie-Ebene ist es gelungen, den Blick auf das Gemeinsame zu richten. Die ökumenische Bewegung kommt ja oft stark aus den Gemeinden heraus. Aber auch öffentlich wurden große Schnittmengen deutlich. Dem sollte man mehr Bedeutung zumessen als der Frage, was uns trennt. Natürlich spielt auch Geld manches Mal eine Rolle, so könnte man etwa stärker über die gemeinsame Nutzung von Ressourcen nachdenken. Doch entscheidend ist, dass man gemeinsame inhaltliche Affinitäten sucht und findet. Wichtig ist, dass Gemeinden vor Ort, aber auch Kirchenkreise und Dekanate, genug Spielraum haben, um Dinge gemeinsam anzugehen.

 

… Gedanken, die er mitnimmt

Kirche hat noch immer viel zu erzählen. Sie ist ein wichtiges Forum für gesellschaftliche Fragen, insbesondere in der heutigen Zeit, in der oft impulsiv und kurzatmig diskutiert wird. Für die sozialen Netzwerke braucht es auch Regeln, die die Kommunikation kanalisieren, sehen dort zu viele Fakes, Zerrbilder und Verletzungen. Es kann nicht darum gehen, einfache und eindimensionale Antworten anzubieten. Wir als Kirche müssen beitragen zu mehr Nachdenklichkeit, mehr Hinhören und mehr Sachlichkeit.

 

Helmut Hitzbleck (Jahrgang 1952) ist seit 1981 Pfarrer der Evangelischen Altstadtgemeinde (heute Vereinte Ev. Kirchengemeinde). Er wurde am 23. Januar 2005 in seinen Dienst als Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises An der Ruhr eingeführt. Am Freitag, 31. März, 14 Uhr, wird Präses Manfred Rekowski Superintendent Hitzbleck in einem feierlichen Gottesdienst in der Petrikirche von seinen Ämtern entpflichten.