„Viele globale Probleme haben ihre Wurzel in der Kolonialzeit“

DREI FRAGEN AN Frauke Laaser, Dezernentin für außereuropäische Ökumene im Landeskirchenamt, zur Ausstellung „re:trace – Koloniale Spuren in Düsseldorf“, die am 9. März im Stadtmuseum der Landeshauptstadt eröffnet wird.

Frau Laaser, mit einem Foto der Gedenktafel der rheinischen Kirche am Kolonialkriegerdenkmal wird derzeit für die Ausstellung „re:trace – Koloniale Spuren in Düsseldorf“ im Stadtmuseum geworben. Wo liegt die Verbindung?
Frauke Laaser: Die Universität Düsseldorf hatte ein Projekt aufgelegt, in dem die koloniale Vergangenheit der Stadt aufgearbeitet werden sollte. Es ging darum, Spuren der Kolonialzeit im Stadtbild sichtbar zu machen. Manche Spuren sind sehr deutlich, zum Beispiel das Kolonialkriegerdenkmal am Frankenplatz in der Nähe des Landeskirchenamts, an dem seit 2004 die Gedenktafel der rheinischen Kirche steht. Das Denkmal nimmt auf die Gefallenen der Kolonialkriege in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, Bezug. Die Tafel interpretiert das Denkmal kritisch. Als das Projektteam der Uni unsere Tafel gesehen hat, erhielten wir die Anfrage nach Zusammenarbeit. Beim ersten Treffen wurde die gemeinsame Basis deutlich: Die Art und Weise, wie bisher über die Vergangenheit geredet und wie sie gezeigt wurde, geht nicht mehr. Um die Vergangenheit und Gegenwart zu verstehen, brauchen wir heute das Gespräch mit vielen Perspektiven.

Das Foto zeigt die Einweihung der Gedenktafel am Kolonialkriegerdenkmal im Jahr 2004 am Frankenplatz in Düsseldorf.
Einweihung der Gedenktafel am Kolonialkriegerdenkmal im Jahr 2004 am Frankenplatz in Düsseldorf.

Was erwartet die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung?
Laaser: Die Ausstellung markiert den Auftakt der re:trace-App. Diese App macht koloniale Spuren in Düsseldorf und Köln über Augmented Reality sicht- und hörbar und dekonstruiert sie künstlerisch. Ich selbst bin schon sehr gespannt, wie zum Beispiel das Kolonialkriegerdenkmal am Frankenplatz digital dekonstruiert wird: Kann ich dann auf dem Bildschirm des Handys sehen, wie der Kolonialkrieger vom Denkmal runtersteigt, also vom Sockel geholt wird? Oder wird die ebenfalls in den Kolonialkriegen umgekommene Bevölkerung irgendwie vorkommen? Und was ist mit dem Zoo, in dem früher auch Menschen aus den deutschen Kolonialgebieten ausgestellt wurden? Wer die Ausstellung besucht, kann die App ausprobieren und später auch beim Spaziergang durch Düsseldorf und Köln nutzen. Außerdem werden Werke von Nicola Brandt, Muningandu Hoveka, Gift Uzera, Maurice Soulié und Serge Palasie gezeigt, die sich mit Erinnerungskultur, Kolonialismus und der Dekonstruktion kolonialer Kontinuitäten auseinandersetzen. Und an Hörstationen kommen in Ausschnitten aus dem re:trace-Podcast verschiedene Perspektiven aus Kunst, Wissenschaft und Aktivismus zu Wort.

Wie blickt die Evangelische Kirche im Rheinland inzwischen auf die Kolonialgeschichte?
L
aaser: Sicherlich kritischer als früher. Gleichzeitig lernen wir immer noch und wieder. Das wird zum Beispiel an so einer Kleinigkeit wie unserer Tafel am Kolonialkriegerdenkmal deutlich: Als sie 2004 aufgestellt wurde, wurde im Text von Rassen gesprochen. Das Wort können wir nicht mehr sagen. Seit 2019 ist die Tafel daher überarbeitet. Außerdem versuchen wir, möglichst viel gemeinsam mit den internationalen Partnerkirchen zu besprechen. Bei vielen globalen Problemen sehen wir heute eine Wurzel in der Kolonialzeit. Der Austausch mit den internationalen Kirchen verhindert, dass jede und jeder die eigene Sicht für die allein mögliche und maßgebliche hält. Wir üben das schon länger in der Gemeinschaft der Mitglieder der Vereinten Evangelischen Mission . Dort ist die Aufarbeitung des Kolonialismus Thema – die rheinische Kirche ist dabei.

  • 06.03.2025
  • Ekkehard Rüger
  • Marcel Kuß