„Das Sterben kann man nicht lernen“

„Es geht darum, das Sterben als eigene Lebensphase zu verstehen und zu begleiten.“ Das sagt Präses Dr. Thorsten Latzel bei seinem Besuch im Hospiz am Evangelischen Krankenhaus in Düsseldorf . Anlass war der Welthospiztag am Samstag, 8. Oktober.

Der Empfang für den obersten Repräsentanten der Evangelischen Kirche im Rheinland ist herzlich: In einem großen hellen Raum im Dachgeschoss des Altbaus mitten in der Stadt begrüßen ihn Hospiz-Leiterin Barbara Krug, Pflegedienstleiterin Barbara Brokamp, die ehrenamtlich Mitarbeitenden Sigrid Kaminski und Tayo Okunola sowie Pfarrer im Probedienst Florian Schneider. Letzterer kümmert sich seelsorglich um Patienten und Angehörige. So wie die Atmosphäre im Raum ist, ist sie im ganzen Hospiz: hell, freundlich und den Menschen zugewandt. Davon macht sich Präses Latzel auf seinem Weg durch das Gebäude mit seinen 13 Patientenzimmern ein Bild.

Seelsorge ist im Hospiz unverzichtbar

„Aufgrund des stetigen Fortschritts in der Medizin und immer mehr Behandlungsmöglichkeiten kommen die meisten Patienten und Patientinnen erst in einem sehr schlechten Zustand in das Hospiz“, berichtet Pflegedienstleiterin Barbara Brokamp. Denn erst, wenn der Arzt sie nicht mehr behandeln könne und das Lebensende absehbar sei, ist das Hospiz der richtige Ort. An diesem Ort, so Hospizleiterin Barbara Krug, könne das Leben begleitet zu Ende gehen kann. „Dabei bestimmen die Patienten und Patientinnen selbst, wann und wieviel Nähe sie möchten.“ Das trifft auch auf die Seelsorge zu, ergänzt Pfarrer Florian Schneider. Und Leiterin Krug zitiert eine Patientin: „Das Sterben kann man nicht Lernen.“ Deshalb sei Seelsorge im Hospiz unverzichtbar – da sind sich alle einig. Und diese richte sich nicht nur an Patientinnen und Patienten in ihrer Angst vor dem Sterben und Fragen zum Tod, sondern auch an die Angehörigen, die oft nur schwer den bevorstehenden Verlust akzeptieren können.

Präses Dr. Thorsten Latzel im Gespräch mit dem ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter Tayo Okunola.

Auch gemeinsam weinen

Seelsorge leisten nicht nur die Theologinnen und Theologen, sondern auf andere Art ganz besonders auch die ehrenamtlich Mitarbeitenden, die sich den Patientinnen und Patienten widmen. Das erfordere großes Einfühlungsvermögen und mentale Kraft. Deshalb werden sie in Seminaren immer wieder während ihrer schon aktiven Tätigkeit sorgsam und intensiv geschult. „Sehr wichtig ist dabei auch der Austausch und die Diskussion mit anderen Ehrenamtlichen, auch schon einmal das gemeinsame Weinen“, sagt Tayo Okunola. Im Hauptberuf ist er Marketingkaufmann. In seiner Einschätzung bestärkte ihn Sigrid Kaminski, jetzt Rentnerin und ehemalige Mitarbeiterin im Diakonischen Werk. Dort betreute sie psychisch kranke Menschen. Für sie ist auch das gemeinsame Singen und Beten mit den Patientinnen und Patienten wichtig – „natürlich nur, wenn sie dies wünschen“. Denn bei allem stünden immer die Betroffenen im Mittelpunkt. Der prägende Grundsatz der Arbeit schlechthin.

Der Dank gilt allen, die in Hospizen arbeiten

„In der Hospizarbeit nehme ich eine Atmosphäre wahr, die man sich auch in anderen Lebenssituationen wünscht“, so Präses Latzel. „Die Achtsamkeit, die man hier spürt, sollte in die gesamte Gesellschaft getragen werden!“ Bei seinem Besuch dankt er für die beeindruckende Arbeit, die alle Beteiligten haupt- und ehrenamtlich leisteten. Und er bittet, den Dank auch allen auszurichten, die nicht anwesend sein können – nicht nur im Düsseldorfer Hospiz.

  • 06.10.2022
  • Elke Wieja