Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht zwischen den Jahren.
Ist ja irgendwie eine komische Zeit. Die Verwandten sind weg, die Bäuche gefüllt,
die Geschenke umgetauscht. Nun heißt es, zur Besinnung kommen. Sich besinnen –wie
geht das eigentlich?
Manchmal heißt das für mich: Aufräumen, aber so
richtig. Zig Kartons mit Büchern aus dem Haus tragen – zum öffentlichen Bücherschrank
bringen oder zum Altpapier. Klamotten aussortieren – zur Diakonie bringen und
zum Container. Durch die Räume gehen und alles wegschmeißen, was mich belastet.
Die kaputte Lampe, die mir noch nie gefallen hat. Die Pröbchen, die ich seit
Jahren sammle und doch nie ausprobiere.
Jetzt habe ich was Neues entdeckt. Ich entsorge
jetzt Dinge, die mich an unangenehme Zeiten erinnern. Ich nehme sie in die
Hand, sage einen Satz und Zack weg damit. Viel zu oft denke ich, das kann ich
doch nicht machen. Das gehörte doch meinen toten Eltern.
Hat doch bestimmt noch einen Wert. War mal teuer.
Vielleicht kann ich es doch noch mal gebrauchen.
Sich besinnen heißt:
Das eigene Leben Revue passieren lassen. Sich
überlegen, was will ich eigentlich noch behalten. Was kann, soll, muss unbedingt
sein in meinem Leben. Was kann, soll, muss unbedingt weg.
Das Aufräumen kann noch viel weitergehen. Man kann
sich auch von Menschen trennen, die
einem nicht gut tun. Mit denen man sich nur trifft,
weil man sich schon ewig kennt. Weil die oder der andere es im Leben so schwer
hat – eigentlich hat sie oder er es immer schwer. Die nur von sich reden, für
die man letzten Endes austauschbar ist, die permanent Grenzen überschreiten.
Die dafür sorgen, dass man sich schlecht fühlt. Warum auch immer. Kennen Sie
das auch?
Aufräumen kann auch heißen, sich einen neuen Job
oder Nebenjob zu suchen. Raus aus der Routine, die einen lähmt, langweilt,
nervt. Einen neuen Impuls setzen, neu anfangen, unbefangen, neugierig.
Inventur ist das Stichwort. Geschäfte sind zwischen
den Jahren geschlossen. „Wir machen heute Inventur“. Steht an der Tür. So ist
das bei mir auch. Ich schließe mich ein und mache eine Bestandsaufnahme. Was
ist da, was will ich noch und was muss weg.
Für mich heißt das auch: Platz für Gott zu machen.
Ihn wieder neu zu entdecken. Ihm Raum
zu geben in meinem Leben. Und ich verspreche Ihnen,
es funktioniert. Weil auch Gott bei uns wohnen will. Er will in unserem Leben
sein. Aber dafür braucht er Platz und Raum. Er will nicht im Müll leben.
Zwischen nutzlosen Dingen, vergifteten Beziehungen, langweiligen Jobs.
Er will, dass wir leben. Dass wir gut leben. Auch
2022.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
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