Guten Morgen.
grüne Almen, friedlich grasende Kühe, graue Bergzacken,
blauer Himmel – eine phantastische Kulisse. Er genießt seine Bergwanderung.
Schließlich gelangt er an einen Berggrat. Dahinter geht es steil in die Tiefe.
Neugierig und mit Herzklopfen schaut er über den Felsrand. Schnell wendet er
sich ab. Da lösen sich plötzlich kleine Steine am Rand und er fällt voller
Entsetzen in die Tiefe. Noch im Fallen schreit er angstvoll: „Oh Gott, rette
mich!“ Und tatsächlich, er kann gerade noch einen Ast ergreifen und sich daran
festhalten. Da hört er unmittelbar neben sich eine Stimme: „Ich bin doch da!“
„Oh Gott, das ist ja wunderbar, bitte rette mich“, erwidert er erfreut.
„Glaubst du denn, dass ich dich retten kann?“, fragt ihn Gott. „Ja, ich glaube
das. Aber bitte Gott, ich kann nicht mehr! Ich brauche jetzt wirklich deine
Hilfe!“, fleht der Mann. Doch Gott schweigt. Der Mann in Panik: „Gott, geh’
nicht weg, hilf mir doch. Du hast die Macht!“ Da antwortet Gott: „Glaubst du
wirklich, dass ich diese Macht habe?“ „Aber ja – du bist doch Gott!“ „Na gut“,
sagt Gott, „dann lass jetzt den Ast los!“
Ich weiß nicht, ob er immer noch da hängt und weiter mit Gott
ringt? Oder ob er sich im Vertrauen auf Gott fallen gelassen und Gott ihn
wundersam gerettet hat.
Was würde ich in dieser Situation tun? Vielleicht mit Gott
verhandeln nach dem Motto: „Gib mir wenigstens eine Hand zum Zugreifen.“ Oder
vielleicht mit Versprechungen: „Wenn du mich jetzt heraufhebst, werde ich mein
Leben völlig umkrempeln.“
Sicher haben viele von uns einen vermeintlichen Rettungsast in
ihrem Leben, an dem sie sich festhalten. Sie denken, dass nur dieser eine „Ast“
sie im Leben durchtragen kann. Auch wenn sie da noch so unbequem hängen. Es
fehlt der Blick für einen ganz anderen Weg. Doch nur wenn wir Altes loslassen,
haben wir die Hände frei, um Neues von Gott zu empfangen. Er fängt uns auf oder
zeigt uns einen Weg, den wir noch gar nicht erkennen konnten. Vielleicht ist
der Ast an dem ich hänge, ja schon knapp über dem Boden. Es geht darum, das
loszulassen, was mir nicht mehr guttut. Nicht mehr festzuhalten an einem
Streit, der zwar vorbei ist, den wir jedoch immer wieder auftischen, weil wir
so gekränkt worden sind. Mir fällt es schwer, mich von geliebten und vertrauten
Menschen zu verabschieden. Da ist die Angst, mit dem Loslassen den Boden unter
meinen Füßen zu verlieren. Doch ich erlebe auch: Es ist hilfreich beim
Loslassen, mich erneut einzulassen: Auf neue Lebenswege. Auf eine neue
Umgebung. Auf andere Menschen. Auf neue spannende Herausforderungen. Ich vertraue
fest darauf, dass Gott mir auch dann ganz nahe ist und mich begleitet, wenn es
anders kommt, als ich dachte. Dass er mir die Kraft zum Loslassen schenkt. Er
macht mir Mut, mich immer wieder auf Neues einzulassen, auch wenn ich den Weg
noch nicht kenne und mich deshalb haltlos fühle. Ja, ich vertraue darauf, nie
alleine zu neuen Ufern aufzubrechen. Gott lässt sich auf ein neues Kapitel
meiner Lebensgeschichte ein. Und er geht mit mir in jede neue Zeit.
Solches Gottvertrauen wünscht auch Ihnen Prädikant Werner
Brück aus Remscheid.
Quelle:nach
https://www.newslichter.de/2017/08/gute-geschichte-loslassen (abgerufen am
21.10.2021)
Redaktion: Landespfarrerin
Petra Schulze
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