Jesus - verstaubt aktuell

Kirche in WDR2 | 30.12.2021 | 00:00 Uhr

Ich habe

manchmal das Gefühl, dass die Geschichte über Jesus noch so modern sein kann,

wenn der Name

„Jesus“ fällt, verdrehen viele die Augen und ziehen ihre Vorurteilsrollläden

runter.

Warum ist das

so?

Weil die

Geschichten selbst so angestaubt sind, dass sie 2021 wirklich keiner mehr hören

will?

Oder weil viele

Vertreter:innen der Kirche 2021 selbst so angestaubt sind, dass ihnen wirklich

keiner mehr zuhören will.

Oder weil unter

denen, die über ihn reden, einfach zu viele sind, die ihn für ihre Machtzwecke

missbrauchen? Alles möglich.

Vielleicht sind

es auch andere Gründe.

Viele sagen Sie

ja auch: „Ich kann und will nicht an Gott glauben!“ Okay, aber das muss man ja

auch nicht, um den Geschichten über Jesus etwas abzugewinnen.

Ich will Sie

hier nicht zu irgendetwas überreden, aber ich finde, die Geschichten über Jesus

haben eine zweite Chance verdient. Und zwar auch oder gerade bei denen, die

glauben, sie schon ganz genau kennen.

Das ist wie in

Langzeitbeziehungen. Wenn man dem anderen nicht mehr zuhört, weil man glaubt ihn

zu kennen, in dem Moment sollte man sich schleunigst eine Paartherapeutin

suchen.

Und ich finde

übrigens auch, dass das nicht nur für Jesus gilt, sondern für uns alle. Das mit

dem Zuhören meine ich. Wenn ich auf das letzte Jahr zurückschaue, dann finde

ich, dass wir in vielen Situationen, viel zu früh unsere Vorurteilsrolläden

runtergezogen haben. Der ist so und so, alles klar, Rollladen zu. Die denkt das

und das, alles klar, Rollladen zu. Und das nimmt Ausmaße an, die nicht mehr

feierlich sind:

Hass im Netz,

Rassismus, Diskriminierung, Morddrohungen. Suchen Sie sich was aus.

Und natürlich

sind es auch immer die anderen, die das im Extremen tun, aber wir alle sind

Teil davon, weil wir Menschen sind. Wir alle haben Vorurteile und wir alle

lassen uns allzu oft von ihnen leiten, anstatt erstmal hinzuhören und zu

überprüfen, ob unsere Vorurteile wirklich gerechtfertigt sind. Mich eingeschlossen.

Das heißt

nicht, dass wir alles dulden müssen. Im Gegenteil. Aber Hinhören und Zuhören

hilft manchmal eben doch, von den eigenen Vorurteilen abzurücken.

Und um nochmal auf Jesus und die

Geschichten über ihn zurückzukommen:

Man kann mit ihnen nicht die gesamte

Weltproblematik lösen, oder ein schlüssiges Gesetzbuch für alle Zeiten

entwickeln. Das zeigt die Geschichte genauso wie die Gegenwart.

Aber sie können uns inspirieren, unser

eigenes Leben hin und wieder zu überdenken und vielleicht eine Idee davon zu

bekommen, wo und wie es im positiven Sinne für uns weitergehen könnte. Für

jeden und jede von Ihnen, für uns als Menschheit und vielleicht ganz konkret

für das neue Jahr 2022.

Redaktion: Sabine

Steinwender-Schnitzius

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  • 30.12.2021
  • Judith Uhrmeister
  • © CCO Pixabay
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