Ich habe
manchmal das Gefühl, dass die Geschichte über Jesus noch so modern sein kann,
wenn der Name
„Jesus“ fällt, verdrehen viele die Augen und ziehen ihre Vorurteilsrollläden
runter.
Warum ist das
so?
Weil die
Geschichten selbst so angestaubt sind, dass sie 2021 wirklich keiner mehr hören
will?
Oder weil viele
Vertreter:innen der Kirche 2021 selbst so angestaubt sind, dass ihnen wirklich
keiner mehr zuhören will.
Oder weil unter
denen, die über ihn reden, einfach zu viele sind, die ihn für ihre Machtzwecke
missbrauchen? Alles möglich.
Vielleicht sind
es auch andere Gründe.
Viele sagen Sie
ja auch: „Ich kann und will nicht an Gott glauben!“ Okay, aber das muss man ja
auch nicht, um den Geschichten über Jesus etwas abzugewinnen.
Ich will Sie
hier nicht zu irgendetwas überreden, aber ich finde, die Geschichten über Jesus
haben eine zweite Chance verdient. Und zwar auch oder gerade bei denen, die
glauben, sie schon ganz genau kennen.
Das ist wie in
Langzeitbeziehungen. Wenn man dem anderen nicht mehr zuhört, weil man glaubt ihn
zu kennen, in dem Moment sollte man sich schleunigst eine Paartherapeutin
suchen.
Und ich finde
übrigens auch, dass das nicht nur für Jesus gilt, sondern für uns alle. Das mit
dem Zuhören meine ich. Wenn ich auf das letzte Jahr zurückschaue, dann finde
ich, dass wir in vielen Situationen, viel zu früh unsere Vorurteilsrolläden
runtergezogen haben. Der ist so und so, alles klar, Rollladen zu. Die denkt das
und das, alles klar, Rollladen zu. Und das nimmt Ausmaße an, die nicht mehr
feierlich sind:
Hass im Netz,
Rassismus, Diskriminierung, Morddrohungen. Suchen Sie sich was aus.
Und natürlich
sind es auch immer die anderen, die das im Extremen tun, aber wir alle sind
Teil davon, weil wir Menschen sind. Wir alle haben Vorurteile und wir alle
lassen uns allzu oft von ihnen leiten, anstatt erstmal hinzuhören und zu
überprüfen, ob unsere Vorurteile wirklich gerechtfertigt sind. Mich eingeschlossen.
Das heißt
nicht, dass wir alles dulden müssen. Im Gegenteil. Aber Hinhören und Zuhören
hilft manchmal eben doch, von den eigenen Vorurteilen abzurücken.
Und um nochmal auf Jesus und die
Geschichten über ihn zurückzukommen:
Man kann mit ihnen nicht die gesamte
Weltproblematik lösen, oder ein schlüssiges Gesetzbuch für alle Zeiten
entwickeln. Das zeigt die Geschichte genauso wie die Gegenwart.
Aber sie können uns inspirieren, unser
eigenes Leben hin und wieder zu überdenken und vielleicht eine Idee davon zu
bekommen, wo und wie es im positiven Sinne für uns weitergehen könnte. Für
jeden und jede von Ihnen, für uns als Menschheit und vielleicht ganz konkret
für das neue Jahr 2022.
Redaktion: Sabine
Steinwender-Schnitzius
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