Der Traum vom Segensbüro in Essen wird Wirklichkeit

„Von der Wiege bis zur Bahre“ – jahrhundertelang war es selbstverständlich, dass Menschen Lebensübergänge mit einem von der Kirche geprägten Ritual feierten. Das Kind wurde getauft, die Schwelle zum Erwachsenenleben mit der Konfirmation begangen, die kirchliche Trauung war die gefeierte Eheschließung und die Beerdigung führte die Pfarrperson durch.

+++ Aktueller Veranstaltungstipp: „Segen! Darf’s noch etwas mehr sein?! – Kasualagenturen im Selbstporträt“, Online-Seminar am 23. Mai 2023, 19 bis 21 Uhr. Mehr Informationen und Anmeldung hier . +++

Pfarrerin Juliane Gayk
Juliane Gayk (39) ist Pfarrerin im Kirchenkreis Essen.

Doch das ändert sich. Immer mehr Menschen, auch Kirchenmitglieder, entscheiden sich in besonderen Lebensmomenten für andere Dienstleister*innen. Besonders bei jüngeren Menschen verändert sich der Bezug zur Parochie (Ortsgemeinde) und so der selbstverständliche Zugang zur sogenannten Kasualbegleitung. Auch wenn nur ein kleiner Teil aller Kirchenmitglieder laut der letzten Kirchenmitgliedschaftsstudie regelmäßig einen Gottesdienst besucht, wünscht sich der Großteil gerade in den besonderen Momenten des Lebens die Begleitung der Kirche. In den Kasualien erwarten die Menschen den Zuspruch von Gottes Segen und Seelsorge. Das ist eine große Chance, denn in diesen Momenten sind sie berührbar und das Evangelium kann in ihre Lebenssituation hineinsprechen.

Zugang zu einer passenden Kasualbegleitung

Wie wir als Kirche in Essen Menschen in Lebensübergängen gut begleiten können und als Expert*innen dafür sichtbarer werden, das haben wir in den vergangenen Jahren in Essen über die traditionellen Kasualien hinaus mit den ökumenischen Segensfeiern für werdende Eltern und für Babys, Tauffesten und neuen Ritualen für Abschiede ausprobiert. Die beschriebenen Veränderungen und die guten Erfahrungen mit neuen Formen haben dazu geführt, dass wir im Kirchenkreis mit einer Gruppe von Interessierten überlegt haben, wie möglichst viele Menschen in Essen Zugang zu einer passenden Kasualbegleitung bekommen.

Inspiriert hat uns dabei die Arbeit von Kasualagenturen, die es schon in einigen Ballungsgebieten gibt. Besonders die Ansätze von „St. Moment“ in Hamburg und dem „Segensbüro“ in Berlin haben uns überzeugt: kirchliche Agenturen, die an der Seite der Menschen sind, um sie in besonderen Momenten ihres Lebens zu begleiten und in Verbindung zu bringen – mit Menschen, Gemeinden, Orten, Formen und mit dem Glauben.

Projekt wird als Erprobungsraum gefördert

Wir haben das Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen im Pfarrkonvent gesucht und schließlich eine Idee entwickelt: Wir träumen von einem Segensbüro mitten in der Essener Innenstadt! Leicht zu finden, auch digital. Ein Büro, das gut vernetzt ist mit Gemeinden und kirchlichen Orten, zu ihnen hin vermittelt und Gemeinden dabei unterstützt, Menschen individuell und kreativ zu begleiten. Ein Büro als Schmiede für neue Kasualien und Formen, die auch Menschen über unsere kirchlichen Grenzen hinaus erreichen.

Mittlerweile ist unsere Idee zu einem konkreten Projekt geworden: Dank der Förderung der Erprobungsräume der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Mutes unseres Kirchenkreises werden wir ab August 2023 mit der Gründung eines Segensbüros Essen beginnen und es fünf Jahre lang erproben.

Wir hoffen, dass wir so zusammen als Kirche in Essen viele Menschen segensreich begleiten können und ihnen irgendwo auf ihrem Lebensweg zwischen Wiege und Bahre zusprechen: Gott ist da!

 

Dieser Beitrag ist der aktuellen Ausgabe des Magazins EKiR.info für Presbyterinnen und Presbyter entnommen. Das komplette Aprilheft finden Sie zum Download hier

  • 22.5.2023
  • Juliane Gayk
  • Sandra Hirschke/fundus-medien.de , Gertraud Döring