Turmfalken sind jetzt Stars im Internet

Vereinte Ev. Kirchengemeinde

Zuschauerinnen und Zuschauer können die Vögel beim Brüten, Jagen und bei Erkundungsflügen verfolgen. Hier geht’s Live-Webcam: https://m.twitch.tv/petrifalke_vek . Die Vereinte Ev. Kirchengemeinde freut sich über Namensideen für das Falkenpärchen (bitte bis zum 31. März per Mail an vek@kirche-muelheim.de).

„Mensch und Tier halten Ausschau nach dir…“, heißt es in Psalm 145,15 . Für viele Menschen ist die Ausschau nach Gott mit einem Besuch in der Kirche verbunden. Folgt man dem Bibeltext, wundert es dann auch nicht, wenn das Gleiche auch für Tiere gilt. In, auf und rund um Kirchengebäude leben Turmfalken, Schleiereulen, Fledermäuse und Nagetiere. Um den Tieren einen sicheren und angemessenen Lebensraum zu geben, ist aber mehr nötig, als nur Ausschau zu halten.

Team kümmert sich seit Jahren schon um Turmfalken in Mülheim

An der Petrikirche hat das Team aus Küster Harry Helming-Arnold und Altstadtwirt Hendrik Peek seit Jahren das tierische Geschehen im Turm beobachtet. Peek betreibt die Mausefalle, das Restaurant, das gegenüber der Kirche liegt und hat so einen prominenten Blick auf die Kirche. Bei Beobachtungen blieb es jedoch nicht. Um den Turm wieder für Turmfalken interessant zu machen, entfernte Helming-Arnold im Jahr 2009 einen Stein vor einer Nische neben der Kirchturmuhr. In der Folge wurde ein Nistkasten gebaut und Falken-gerecht installiert, wie in der Falken-Chronik der beiden Tierfreunde  nachzulesen ist.

Turmfalken werden zu Stars bei Streaming-Plattform Twitch

Anfang 2021 sind dann die beiden Kameras hinzugekommen, die nun 24 Stunden am Tag Bilder für einen Livestream auf der Videoplattform Twitch   bieten. Dort sind die Falken in kurzer Zeit schon kleine Stars geworden. Knapp 1000 Abrufe hatte der Livestream bisher. Dass die teils spektakulären Bilder Fans anlocken, ist nicht überraschend. Aber was lockt die Tiere in Kirchtürme?

Vogelexperten: Kirchtürme sind Ersatz für Felsen

Eine Antwort darauf weiß Dietmar Hartmann, Umweltbeauftragter der evangelischen Kirchengemeinde Marienberghausen  . Die Kirchengemeinde beheimatet selbst Vögel. „Wir haben eine in den Ursprüngen mittelalterliche Kirche, die im Dachgeschoss „natürliche“ Einfluglöcher hat. Dadurch haben zahlreiche Tiere auch Zugang zu der Kirche“, sagt Hartmann, der selbst aktiv ist im Naturschutzbund Deutschland (NABU). Holger Sticht, Landesvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sagt über Kirchtürme: „Sie sind oft störungsarm und stellen einen Ersatzfelsen beziehungsweise Ersatzhöhle dar, die von Vogel- oder Fledermausarten genutzt werden, die gerne Felsen besiedeln.“ Beispiele für solche Tiere seien zum Beispiel Turmfalke, Schleiereule, Wanderfalke, Dohle und verschiedene Fledermausarten.

Antrieb sollte Interesse am Naturschutz sein

Sticht räumt im Gespräch auch mit einem weit verbreiteten Irrglauben auf, nach dem Turmfalken oder andere tierische Jäger dabei helfen könnten, zu viele Kirchenmäuse oder Ratten zu vertreiben. Nicht die Jäger, sondern die Futterverfügbarkeit regulieren den Bestand. „Das heißt: Die Wühlmaus reguliert den Turmfalken, nicht umgekehrt“, sagt Holger Sticht. Für alle genannten Tierfreunde steht deshalb auch der Naturschutz und nicht der Nutzen für den Menschen im Vordergrund. Das wäre bei Turmfalken sowieso recht aussichtslos, weil diese nicht direkt vor den Kirchen, sondern eher auf freien Feldern jagen würden.

Gemeinden können auf Hilfe von NABU und BUND hoffen

Ein Kirchturm allein ist jedoch längst keine Garantie dafür, dass Turmfalken oder andere Vogelarten in einer Kirche einziehen. So haben sich auch die Mülheimer Harry Helming-Arnold und Hendrik Peek Hilfe von Tierschützern vor Ort geholt. Auch in Marienberghausen und Eckenhagen gab es Hilfe durch einen Tierschutzverband. Gerade wenn es um die Installation von Nistkästen geht, sei professionelle Hilfe gefragt, berichtet Dietmar Hartmann. In Eckenhagen mussten Nistkästen für Mauersegler beispielsweise mit einem Kran angebracht werden – ein Projekt, das ohne die Experten nicht umzusetzen gewesen wäre.

NABU führt Online-Liste zum „Lebensraum Kirchturm“

Doch nicht erst bei handwerklicher Tätigkeit, sondern auch schon bei der Planung solcher Projekte helfen NABU und BUND. Sie stellen unter dem Titel „Wohngemeinschaft im Kirchturm“   und „Artenschutz an Gebäuden“   Informationen für interessierte Gemeinden bereit. Die Hinweise beleuchten auch, welche Tierarten zum Beispiel nicht an einem Ort längere Zeit gemeinsam leben können. Der NABU listet im Rahmen des Projektes „Lebensraum Kirchturm“   zudem Kirchen auf, die mit Ortsgruppen kooperieren und Heimat für Vögel geworden sind.

  • 15.3.2021
  • ekir.de
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