Bezahlt der Staat Pfarrerinnen und Pfarrer? Ist das Streikverbot für kirchliche Mitarbeitende zeitgemäß? Wird jemandem gekündigt, wenn er oder sie sich scheiden lässt? Diese und ähnliche Fragen fliegen der Kirche zurzeit um die Ohren. Antworten, Fakten und lokale Beispiele aus Mülheim und Kettwig liefert die Broschüre „Die Kirche und das liebe Geld“, die der Evangelische Kirchenkreis An der Ruhr nun veröffentlicht. Auf vierzig Seiten in handlich-kompaktem Format geht es um die evangelische Kirche und ihr Verhältnis zu Finanzen und Staat sowie um ihre Rolle als Arbeitgeberin.
„Wer finanziert die sozialen Angebote der Kirchen?“ bzw. „Wie viel eigene Mittel investiert die Kirche für soziale Aufgaben?“ diese Fragen stehen gleich zu Beginn des neuen Heftes. Die Broschüre liefert Hintergründe, zum Beispiel über den Trägeranteil für KiTas und andere Einrichtungen, die die Kirche ebenso wie andere freie Träger aus eigenen Mitteln leisten muss. „Staatliche Zuschüsse, die in Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft zum Einsatz kommen, sind weder Privilegien noch versteckte Subventionen für Kirche und Diakonie, sondern notwendige Mittel für alle, die wichtige Pfeiler des subsidiären Systems unterhalten“, betont Superintendent Helmut Hitzbleck.
„Die evangelische Kirche versteht sich als verlässlichen Knotenpunkt im sozialen Netzwerk der Stadt. Wir wollen unseren Beitrag leisten“, erläutert Superintendent Helmut Hitzbleck. Daraus folgt, dass die angebotenen diakonischen und sozialen Leistungen allen Bürgerinnen und Bürgern offen stehen, die sie nutzen möchten. Hitzbleck: „In der Diakonie und der Beratungsarbeit oder auch in der Seelsorge im Krankenhaus fragen wir nicht ,Sind Sie evangelisch?‘. Es geht allein darum, was den Menschen auf der Seele liegt.“ Jeden Tag nutzt eine vierstellige Zahl Bürgerinnen und Bürger, darunter Kirchenmitglieder und Nichtmitglieder ebenso wie Gläubige verschiedenster Religionen, die KiTas, Bildungs- und Beratungsangebote der evangelischen Kirche in Mülheim und Kettwig.
Oft gehörte Kritik zum Beispiel an den so genannten „Staatsleistungen“ wird einem Faktencheck unterzogen: Die evangelische Kirche erhält als historische legitimierte Entschädigung Geld, das für den Kirchenkreis An der Ruhr gerade einmal 1,64 Prozent der Kosten pro Pfarrstelle ausmacht.
Auch Fragen nach der Kirche als Arbeitgeberin werden aufgegriffen, etwa die, wie weit sich die evangelische Kirche für das Privatleben ihrer Mitarbeitenden interessiert. Ob jemand allein oder in Partnerschaft, mit einem Mann oder einer Frau zusammenlebt, getrennt, geschieden oder neu verheiratet ist, spielt nämlich für die evangelische Kirche keine Rolle. Allerdings: Die Mitgliedschaft wird in aller Regel vorausgesetzt. Denn wer bei der evangelischen Kirche arbeitet, versteht sich als Teil einer großen Dienstgemeinschaft, deren Werte er oder sie auch lebt.
Nicht alles, was die evangelische Kirche ins soziale Netz der Stadt einwebt, kann sich in Geld zählen lassen. An vielen Stellen wird das Angebot durch ehrenamtliches Engagement wesentlich ausgebaut: Freiwillige in den Kirchengemeinden organisieren Second-Hand-Boutiquen, helfen im Hospiz oder engagieren sich in der Jugendarbeit. Allein dort sind es über 350 junge Männer und Frauen, die ehrenamtlich Gruppen betreuen oder Ferienfreizeiten leiten.
Wer sich über die evangelische Kirche und ihr Verhältnis zu Staat und Geld genauer informieren möchte, erhält die Broschüre in allen evangelischen Gemeindezentren und Einrichtungen ebenso wie in der Evangelischen Ladenkirche an der Kaiserstraße 4.